Irlands Nationalgestüt, nicht nur 'was für Pferdeverrückte
- lisalinas6
- vor 5 Tagen
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Ganz gleich, ob ihr pferdeverrückt seid oder einfach nur einen unterhaltsamen Tag mit Spaß haben möchtet: Das irische Nationalgestüt (Irish National Stud & Gardens), nur 30 Autominuten von Dublin, in Tully, Grafschaft Kildare gelegen, ist ein garantiert kurzweiliger Ausflug für jung und alt. Seit langem ist das Gestüt sowohl bei Familien in Irland als auch bei Besuchern aus dem Ausland überaus beliebt, und das aus gutem Grund, wie ihr gleich lesen werdet.
Es ist übrigens das einzige für die Öffentlichkeit zugängliche Gestüt in Irland und der Geburtsort vieler Top-Rennlegenden sowie die Heimat ehemaliger Renn-Champions, die nun dort ihren wohlverdienten Ruhestand genießen. Besucher können an einer der kostenlosen Führungen teilnehmen (beim Kauf einer Eintrittskarte inbegriffen), die den ganzen Tag über in regelmäßigen Abständen stattfinden. Die Führungen (englischsprachig) sind sehr interessant und danach weiß man definitiv, dass man im Leben nie auslernt. ;-)
Kurze Geschichte des irischen Nationalgestüts und wie man mit Astrologie Zuchterfolge erzielt

1900 kauft der Schotte William Hall-Walker, aus einer berühmten Brauerfamilie stammend und praktischerweise wohlhabend, einen Gutshof in Kildare, um Vollblutpferde zu züchten.
Dabei neigt der etwas exzentrische Pferdezüchter zu bemerkenswert ungewöhnlichen Zuchtmethoden. Hall-Walker notiert beispielsweise bei jeder Geburt den Stand des Mondes und der Sterne. Stehen die Sterne astrologisch günstig, bleibt das Fohlen am Hof und läuft später Rennen. Wenn nicht, wird es verkauft. Kaum zu glauben, doch dieses, öhm, sehr spezielle Auswahlverfahren zeitigt

erstaunliche Erfolge. Die zehn äußerst geräumigen Hengstboxen sind alle mit einem Dachfenster versehen, denn Hall-Walker war sich absolut sicher, dass die Sterne das Schicksal der Pferde bestimmen. Der Erfolg gibt ihm Recht. De facto ist Walker einer der erfolgreichsten Züchter seiner Zeit und erlebt seine Sternstunde, als König Edward VII. den in Tully geborenen und aufgewachsenen Minoru nach seinem berühmten Sieg im Derby von 1909 ins Siegergehege von Epsom führt.
Nach 15 Jahren erfolgreicher Arbeit schenkt er sein Gestüt dem britischen Königshaus und erhält dafür den Adelstitel Lord Wavertree. Bis 1943 heißt es British National Stud Company, dann übernimmt die irische Regierung das Gestüt.
Bis heute werden hier erstklassige Vollblutpferde groß gezogen, die

namhafte Rennen gewinnen, darunter die Stute Sun Chariot, die 1942 die Triple Crown gewinnt. Heute lassen sich dort Top-Hengste wie Invincible Spirit (Decktaxen bis zu 120 000 Euro) bewundern. Er ging im letzten Jahr in den wohlverdienten Ruhestand und ist für sein Alter noch immer in Top-Form. Es gibt einen Stuten-Fohlen-Bereich und manche lassen ihr Pferd im Gestüt in Pension gehen, für schlappe 80 Euro pro Tag. Durchschnittlich werden jährlich mehr als 300 Fohlen geboren. Ganze Teams aus internationalen Veterinäraspiranten sowie erfahrenen Senior-Veterinären sorgen dafür, dass es den schnellen Vierbeinern gut geht. Wer dort als

Veterinärmedizin-Student ein Praktikum machen möchte, sollte vielleicht auch vorher die Sterne befragen, denn die Plätze sind weltweit heiß begehrt, mit hunderten von Bewerbungen, von denen maximal 20 - 30 Bewerber pro Jahr handverlesen genommen werden.
Hier geht es übrigens zur Broschüre über die Hengste, ihre Trainer etc..

Für Pferdefans - wie wird im Irish National Stud gezüchtet?

Es werden grundsätzlich die Besten mit den Besten gekreuzt; heutzutage ohne astrologische Betrachtungen. Normalerweise kommt der Besitzer einer leistungsfähigen, erfolgreichen Stute, um einen geeigneten Deckhengst zu finden. Die Gebühr dafür (covering fee) variiert zwischen 4000 und 130 000 Euro (!) oder noch mehr. Die Gebühr ist natürlich stark abhängig davon, wie erfolgreich der Hengst in Rennen abschneidet. Die Preise können daher ebenso schnell steigen, wie fallen.
Die Rolle von Tommy (the teaser)
Um herauszufinden, ob eine Stute deckungsfähig ist, kommt Tommy im Paddock zum Einsatz - ein ausgemusterter Hengst, der sich neben die Stute stellt. Reagiert sie interessiert, ist sie deckungsfähig. Der arme Tommy muss dann frustriert den Paddock verlassen und der Deckhengst der Wahl darf binnen 3 Minuten seine Arbeit verrichten. Das alles wird gefilmt - die Besitzer wollen natürlich sicher gehen, dass alles wie gewünscht passiert. Ein eher unromantisches Geschäft, oder? Wesentlich niedlicher sind die Fohlen, wenn sie in der Abfohleinrichtung zur Welt kommen.
Auch wenn Tommy the teaser im nächsten Leben gerne als Deckhengst zur Welt kommen möchte, ist das Leben für die Deckhengste auch kein Zuckerschlecken. Deckzeit ist von Februar bis Juli und die Hengste sind in dieser Zeit ununterbrochen "im Dienst". Invincible Spirit deckte z. B. im Jahr 2022 trotz seines fortgeschrittenen Alters (25 Jahre) noch 106 Stuten für jeweils ca. 60 000 Euro. Lucky Vega kam 2022 auf 151 Stuten zum Einsatz für 15 000 Euro. 2023 deckte er 147 Stuten, die Taxe wurde auf 12500 Euro gesenkt; Nando Parrado ist günstiger - 2022 deckte er 130 Stuten für jeweils 6000 Euro. Von ihrer "Arbeit" erholen sich die Star-Hengste auf ihren Hengstkoppeln, ganz idyllisch unter Bäumen mit saftigem Rasen. Da Hengste territorial sind, hat jeder seine eigene. Wenn die Deckzeit in Irland zu Ende ist, fliegen manche Deckhengste nach Australien (mit dem eigenen Flugzeug und 4 Mann Betreuung), um dort auch die australischen Stuten "zu versorgen".
Das Irish Racehorse Experience (geeignet ab 8 Jahren)
Dieses preisgekrönte, interaktive Erlebnis (THEA Award 2022 für herausragende Leistungen, nur drei europäische Attraktionen schafften es auf die weltweite Liste der THEA-Preisträger 2022) nimmt Euch mit auf eine Entdeckungsreise, von der ersten Steeplechase in Cork über die Zucht und das Training von Vollblutpferden bis hin zu den heutigen Rennen in Irland und darüber hinaus. Das Erlebnis bietet die Möglichkeit, selbst ein virtueller Rennpferdetrainer zu sein. Erst kauft man auf einer virtuellen Pferdeauktion das hoffentlich "richtige" Pferd, dann bestimmt man, wie die Ausbildung aussehen soll, man wählt die Trainingsmethoden aus, kann das Jockey-Trikot entwerfen, um schließlich, der grandiose Höhepunkt, in einem virtuellen Rennen gegen die anderen Familienmitglieder oder gegen Freunde anzutreten. Wer wird der Sieger sein? Wessen Pferd hat seinen Kaufpreis und die Trainingskosten amortisiert? Es wird spannend ...
Spielplatz, Feenpfad, Restaurant, Shop, Kiosk mit Café, Eis und anderen Leckereien

Für die jüngeren Familienmitglieder bietet der Spielplatz des irischen Nationalgestüts eine große Auswahl an Spielgeräten, hinzu kommen Wälder und Gärten, um zu sehen, ob die Kids einige der 20 Feen entdecken können, die das irische Nationalgestüt ihr Zuhause nennen. An der Rezeption kann man eine Karte des Feenpfads bekommen, sie führt Feensucher auf eine zauberhafte Reise entlang des Sees im Garten von St. Fiachra und durch die Wälder zu den Stallungen, wo man vielleicht Hattie trifft, die sich um die neugeborenen Fohlen und andere Pferde kümmert. Wer alle Feen gesehen hat, kann sich auf dem Spielplatz auf dem speziellen Wunschsitz etwas wünschen.
Der Japanische Garten
Der japanische Garten des irischen Nationalgestüts wurde vom japanischen Gartenbaumeister Tassa Eida und seinem Sohn Minoru im Auftrag von Hall-Walker entworfen und angelegt. Ihr Ziel war es, durch Bäume, Pflanzen, Blumen, Rasenflächen, Felsen und Wasser das „Leben des Menschen“ zu symbolisieren. Dieser Plan wurde perfekt umgesetzt, und Eidas Vermächtnis wird heute von den 140 000 Besuchern bewundert, die jedes Jahr die Ruhe der Gärten genießen. Eidas Werk, das sehr repräsentativ für die japanischen Gärten des frühen 20. Jahrhunderts ist, zeichnet die Reise einer Seele aus der Vergessenheit in die Ewigkeit nach und schildert die menschliche Erfahrung ihrer Verkörperung, während sie auf selbst gewählten Wegen durchs Leben reist. Geburt, Kindheit, Ehe, Elternschaft, Alter, Tod und das Leben nach dem Tod werden in den einzelnen Gartenabschnitten, die eine nahtlose Mischung aus östlichen und westlichen Kulturen darstellen, thematisiert. Ein magisches Erlebnis mit fließendem Wasser, Brücken, einem traditionellen Teehaus und Statuen, Skulpturen, Pflanzen und Bäumen, die ein Fest für die Sinne sind.
Man tritt durch die „Tore des Vergessens“ ein und folgt dem Pfad seiner Wahl, dem Pfad des Lebens, dem einfachen Pfad oder dem rauen Pfad. Es gibt 15 Stufen, die die Reise des Lebens darstellen, anhand des Plans, den man mitsamt dem Gestüt-Ticket erhält, kann man herausfinden, was jede Stufe bedeutet.
Das Japanische Gärten Restaurant
Besucher und Einheimische gleichermaßen schätzen das Japanese Gardens Restaurant. Sandwiches, Salate und Wraps werden auf Bestellung zubereitet, und da das Backen dort eine große Stärke ist, gibt es eine köstliche Auswahl an frisch gebackenen Broten, Scones, Desserts und Kuchen. Man kann das Bestellte auch mitnehmen (Take away).
Sun-Chariot-Hof
Der Hof wurde 1975 erbaut. Der Name erinnert an das Pferd Sun Chariot, welches Anfang der 1940er Jahre die English Fillies Triple Crown gewann. Hier stehen im Frühjahr die trächtigen Stuten, im Herbst die einjährigen Pferde. Dieser Hof hat wie alle Höfe ein selbstständiges Büro, Sattelkammer und tierärztliche Untersuchungseinrichtungen.
Kildare-Hof
Hier sind etwa 50 Stuten in zwei Stalltypen untergebracht; es sind die Barn-Yard-Stallungen und herkömmliche Stallungen.
St. Fiachras Garten

Der Mönch St. Fiachra lebte im 6. Jahrhundert. Der Garten wurde im Geiste dieses Mönches angelegt und soll der natürlichen Ökologie des 6. Jahrhunderts entsprechen. Im Garten befinden sich nachgebaute Mönchszellen. In einer der Zellen befindet sich der Waterford-Kristall-Garten.
Öffnungszeiten des Nationalgestüts: Täglich von 9:00 bis 17:00 Uhr, letzter Einlass um 16:00 Uhr. Tickets gibt's hier.
Sonstiges
2011 besuchte Königin Elizabeth II. das Gestüt und enthüllte dort eine Skulptur. In der Nähe des Gestütes befindet sich die Pferderennbahn The Curragh sowie eine weite idyllische Ebene mit friedlich grasenden Schafen. Nichts deutet darauf hin, dass hier eines der schlimmsten Massaker in Irland stattgefunden hat. 350 unbewaffnete Menschen wurden in den Curraghs hingerichtet. Wie es zu dem furchbaren Blutbad kam, kann man hier nachlesen.

Kildare und Umgebung - wenn man eh schon mal in der Nähe ist ...
Ganz in der Nähe liegt das kleine Marktstädtchen Kildare, ein Besuch lohnt sich vor allem im Heritage Centre, wo man auf VR Tour gehen kann. Dort lernt man Einiges über die alten Mythen und Geschichten rund um die Curraghs. Alles Weitere hier: https://www.9lebenverlag.com/post/irland-grafschaft-kildare-die-5-besten-dinge-die-man-in-den-curraghs-tun-kann
Und weil man gerade hier ist - die Grafschaft Kildare hält noch einiges für neugierige Besucher bereit:
Hier 5 Ausflugstipps für die Grafschaft Kildare - auch der St. Brigid's Trail lohnt sich, wenn man jenseits ausgelatschter Touristenpfade unterwegs sein und Irland authentisch erleben möchte.
Kildare, eine der elegantesten Grafschaften Leinsters, hat viele Juwelen in ihrer sprichwörtlichen Krone - die Japanischen Gärten, das irische Nationalgestüt, den Donadea Forest Park und Castletown House. Doch nur wenige strahlen so hell wie die geschäftige Stadt Maynooth. Fährt man Richtung Leixlip wartet Irlands exzentrischstes Bauwerk auf einen - the wonderful barn. Wer auf Palladio steht und auf Follys, der sollte sich unbedingt zu einem der beeindruckendsten Landhäuser Irlands auf den Weg machen. In Celbridge, Grafschaft Kildare, ist Castletown House und sein weitläufiger Park zu finden.
Das ruhige Städtchen Monasterevin im Süden von Kildare ist leider wegen zweier tragischer Ereignisse bekannt. Eines trug sich vor nicht allzu langer Zeit zu, am 3. Oktober 1975; das andere am 11. Juni 1798. In Irland findet man Geschichte und Geschichten buchstäblich an jeder Ecke.
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