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Schon gewusst? Die vergessene Geschichte - Irland und die Sklaverei

Ein Wikingerschiff auf See
Bild by axe20 - Pixabay

Sklaverei gab es in Irland bereits seit Jahrhunderten bevor die Wikinger in Irland die Küste besiedelten. Seinen Höhepunkt erreicht der Sklavenhandel in Irland unter dem Königreich von Dublin im 11. Jahrhundert, als Dublin Europas größter Sklavenmarkt war. Nicht nur der Heilige Patrick endete zunächst als Sklave in Irland, sondern leider noch viel mehr Menschen.


Aus frühmittelalterlichen Quellen ist bekannt, dass die Gälen über mindestens 200 Jahre lang gerne Menschen von der anderen Seite der Irischen See entführten und versklavten - der Heilige Patrick war so ein Fall. Er wurde im Alter von 15 oder 16 Jahren von keltischen Kriegern gefangengenommen und nach Irland verschleppt. Sechs Jahre musste er als Sklave dort arbeiten. Nachdem man ihn endlich frei ließ soll er mehr als 200 Kilometer zu Fuß bis nach Wexford zurückgelegt haben, um dort ein Schiff zu finden, das ihn nach Frankreich brachte. Weitere interessante Details über den irischen Nationalheiligen unter: https://www.9lebenverlag.com/post/st-patrick-s-day 


Zum Sklaven wurde man in jener Zeit auch unter anderen Umständen, beispielsweise als Kriegsgefangener oder wenn man seine Schulden nicht bezahlen konnte. Zudem verkauften Eltern ihre Kinder gelegentlich oder gaben sie in Zeiten von Hungersnot als verzweifelte Maßnahme in die Sklaverei.


"Eine große Beute von Frauen wurde weggetragen ..."


Die Schlacht von Clontarf, Wikinger, Irland

Als die Wikinger kamen, um die Küsten Irlands zu überfallen, galten Menschen und Vieh, zusammen mit dem, was an Wertvollem in Kirchen erbeutet werden konnte als "tragbare Güter", die auf Schiffen mitgenommen werden konnten. Die Annalen von Ulster zeigen, dass die Wikinger im Jahr 821 Howth, Co. Dublin, überfielen und es heißt dort: „eine große Beute von Frauen wurde weggetragen“.


Den Wikingerführern ist klar, dass sie einen schnellen und beträchtlichen Gewinn erzielen können, wenn sie hochrangige Gefangene zurück zu ihren Gemeinden oder Familien lassen. Aus den 830er Jahren ist bekannt, dass man es daher oft auf Könige und Bischöfe abgesehen hatte. Ließ man diese später frei, erhielt man einen guten Gegenwert - manchmal wurden sie auch auf den Schiffen der Wikinger getötet; vielleicht, weil die Geiselverhandlungen scheiterten oder weil die Gefangenen zu kämpfen versuchten.


St. Patrick ist nicht der einzige "berühmte" Sklave - das Leben des St. Findan aus dem neunten Jahrhundert verläuft ebenfalls alles andere als glatt. Findan verliert seine Eltern durch irische Auseinandersetzungen und Verschleppungen der Wikinger. Er ist ein Mann aus gutem Haus, aus der irischen Provinz Leinster. Seine Schwester wird als Sklavin verschleppt und er zu den Lösegeldverhandlungen geschickt. Offenbar laufen die Verhandlungen aber nicht gut und Findan wird selbst verschleppt. Immerhin argumentieren einige der Wikinger, es sei ein Fehler, den Unterhändler gefangen zu nehmen, worauf man Findan wieder frei lässt. Später hat er erneut Pech. Wikinger bringen ihn als Sklave auf die Orkney-Inseln. Wir wissen nicht, wie Findan es schafft, von dort zu entkommen, aber er schafft es. Findan lebt später als Mönch in einem Kloster in Rheinau. Ab 856 verbringt er dort den Rest seines Lebens, eingemauert als Inkluse bis zu seinem Tod.


Politische Allianzen zwischen Wikingern und Iren sind in den Annalen der 840er Jahre festgehalten. Im zehnten und elften Jahrhundert zeigen Quellen, dass irische Könige Gefangene als Kriegsbeute regelrecht "sammeln", vermutlich, damit auch sie von den aufkommenden Sklavenmärkten profitieren, die es in Irlands wichtigsten Häfen gibt.


Irische Sklaven in Island


Ein wikingerschiff

Ja, Iren landeten als Sklaven in Island. Islands "Buch der Siedlungen", das Landnámabók, als auch im "Buch der Isländer", Íslendingabók, gibt es zahlreiche Quellen, die bestätigen, dass mindestens 60 Menschen dort eindeutig keltisch waren; viele von ihnen als irische Sklaven dorthin verschleppt. Allerdings gibt es im Gefolge der ersten Siedler auch Ehefrauen und Diener aus Irland. Mit den nachfolgenden Siedlerwellen werden die irischen Sklaven in Island immer zahlreicher, da immer mehr Arbeitskräfte für die Besiedelung der Insel benötigt werden. Gesli Sigurdson hat darüber geforscht und kommt zu dem Schluss, dass Sklaven bis zu 30/40 Prozent der isländischen Bevölkerung ausmachten.

Um 875 scheinen viele irische Sklaven auf Island die Faxen dicke zu haben. Sie erheben sich und sorgen für den größten Sklavenaufstand seit dem Ende des Römischen Reiches (z. B. Spartacus Aufstand).


Dublin, Europas größter Sklavenmarkt


Vom 9. bis zum 12. Jahrhundert ist vor allem Dublin Europas größter Sklavenmarkt. Das frühe von den Wikingern gegründete Dublin versorgt mit seinem Sklavenmarkt nicht nur Island oder die Orkney-Inseln, sondern auch Kontinentaleuropa. Sklaven werden von hier bis nach Spanien verschifft. 870 wird das schottische Königreich Dumbarton von Olaf dem Weißen und Ivar dem Knochenlosen, belagert und erobert. Fast alle Bewohner finden sich anschließend auf dem Dubliner Sklavenmarkt wider.

Die meisten Überfälle, um Menschen zu versklaven, erfolgen in jener Zeit in Leinster und Ulster; mit Sicherheit gab es diese Überfälle auch im Süden und Westen Irlands; jedoch fehlt es an Quellen. Von den Hebriden oder den Aran Islands ist nur ein Überfall aufgezeichnet. Je stärker im 11. Jahrhundert die irisch-nordischen Hafenstädte aufblühen, desto umfangreicher wird der Sklavenmarkt in Dublin. Die "Hauptversorgungsquellen" sind das irische Hinterland, Wales und Schottland. Erst nachdem Wilhelm der Eroberer um 1080 die englische und walisische Küste kontrolliert, verringert sich der "Sklavennachschub". Um 1102 ist dann ganz Schluss; die Normannen erdreisten sich die Sklaverei abzuschaffen. Mit dem Dekret des Rates von Armagh gelten alle englischen Sklaven in Irland als frei. Aus dem Dekret geht auch hervor, dass offenbar Engländer ihre Kinder und Verwandte als Sklaven nach Irland verkauften.


Iren und der Sklavenhandel über den Atlantik


Irland, irische Sklaven, Plantagen in der Karibik

Wie zu jener Zeit üblich, sind zwischen 1660 und 1815 in Europa, Asien und Afrika, auch Iren in den atlantischen Sklavenhandel verwickelt. William Ronan zum Beispiel arbeitet für die Royal African Company und steigt zum Vorsitzenden des Handelsausschusses von Cape Coast Castle an der Gold Coast (heute Ghana) auf, zwischen 1687 und 1697 eine der größten Sklavenmärkte der Welt.


Es sind übrigens die Stuarts, die die Iren in den Sklavenhandel einführen. Antoine Walsh, ein Franzose irischer Abstammung und prominenter Jakobit mit Sitz in Nantes (mit einer eng verbundenen irischen Gemeinde, Nachfahren der Wild Geese), nutzt seinen Reichtum aus dem Sklavenhandel, um den Jakobitenaufstand von 1745 zu finanzieren. Mag auch der Thron für das Haus Stuart verloren sein, die Verbindung zu den irischen Sklavenhändlern ist es nicht. Oder nehmen wir den Iren Benjamin McMahon. Ihn verschlägt es nach Südamerika, wo er in den Britischen Legionen" von Simon Bolivar dient. 1819 zieht er weiter in die englische Kolonie Jamaika, wo er 18 Jahre lang verschiedenste Plantagen beaufsichtigt. Zeitweise verliert er seinen Job, weil er immerhin die Behandlung der Sklaven kritisiert. Er entwickelt sich später zu einem erklärten Abolitionist. Über seine Erfahrungen auf den Plantagen schreibt er den Bericht Jamaica Plantership.


Cromwell, irische Sklaven und die O'Connors, Fitzgeralds und O'Carrolls von Barbados


Im Winter 1636 segelt ein Schiff mit 61 Iren aus dem Hafen des südirischen Kinsale. Als das Schiff von Kapitän Joseph West im Januar 1637 in der Karibik ankommt, sind acht der 61 Menschen gestorben. Der Rest wird verkauft, darunter zehn an den Gouverneur von Barbados, für 450 Pfund Zucker pro Stück. Captain West ist angewiesen, nach London zurückzukehren, um den Zucker zu verkaufen, und dann erneut nach Kinsale zu fahren, um die nächste Ladung irischer Sklaven aufzunehmen. Aus dem ersten kleinen Rinnsal wird bald eine menschliche Flut. Tausende Iren werden an Plantagenbesitzer auf den Karibikinseln verkauft, um dort auf den Feldern zu arbeiten. Cromwells Krieg sorgt für viele irische Witwen und Waisen, die meisten von ihnen mittel- und obdachlos. Aus englischer Sicht eine lukrative Angelegenheit. Willkommene "Exporte" z. B. nach Barbados. Cromwell notiert nach der Erstürmung von Drogheda, 1649: "Als sie (die Iren) sich unterwarfen, wurden ihre Offiziere auf den Kopf geschlagen und jeder zehnte Mann der Soldaten getötet, und der Rest nach Barbados verschifft." Den katholischen Schotten erging es später ähnlich. Schätzungen gehen von mindestens 60 000 Iren aus, die von Cromwell "babadosed" wurden.


Die Iren als Sklaven zu verkaufen, wurde von den Engländern jener Zeit als natürlich angesehen. Die vorherrschende Haltung war, dass ein irischer Katholik weniger menschlich war. Sie zu töten war eine heldenhafte Handlung, von der irischen Sklaverei zu profitieren, galt nahezu als ein humanitärer Akt.


Zur Hölle oder nach Barbados lautete Cromwells Motto. Es ist die Zeit des Cromwell-Holocausts, als der Schlächter von Drogheda und Wexford, wie er auch genannt wurde, glaubt, eine endgültige Lösung für den Katholizismus in Irland gefunden zu haben.


Irland von den Iren befreien

Porträt von Oliver Cromwell

... so kann man Cromwells Plan kurz zusammenfassen. Bis zu 40 000 irische Soldaten waren gefangen genommen worden oder hatten kapituliert, sie sind die Ersten, die nach Barbados oder zu anderen westindischen Inseln verschifft werden, um dort Sklavenarbeit zu verrichten. Sie sind als "Redlegs" bekannt, vermutlich wegen des Sonnenbrands unter karibischer Sonne. Man unterschied zwar fein säuberlich zwischen "Diener" und "Sklave" (letzterer war einer lebenslangen , vererbbaren Sklaverei unterworfen), doch die unfreien irischen Plantagenarbeiter wurden auf die gleiche Weise gekauft, wurden auf die gleiche Weise gepeitscht und bestraft. Ein Aufseher dazu: "Ich habe eine solche Grausamkeit gesehen, die den Dienern angetan wurde, dass ich nicht glaube, dass ein Christ einem anderen hätte antun können". Wenn die Iren sich beschwerten, wurden sie erneut geschlagen; wenn sie Widerstand leisteten, konnte ihre Dienstzeit (normalerweise von vier Jahren bis neun Jahre) verdoppelt werden, obwohl die Dienstbedingungen im Fall der Iren oft ungenau definiert waren. Die irischen "Diener" bezeichneten sich selbst als "Sklaven". Afrikanische Sklaven betrachteten die "irischen Feldhände" ebenfalls als Sklaven. Ein anonymer Schriftsteller auf Barbados, höchstwahrscheinlich Major John Scott, schreibt 1667, dass die Iren "vom Neger" verdorben und mit dem Beinamen "weiße Sklaven" gebrandmarkt wurden.


Fakt ist: Ob weiß oder schwarz, die Menschen wurden brutal ausgebeutet, waren unfrei, wurden wie ein Möbelstück ohne ihre Zustimmung weiter verkauft, ihnen wurde Gewalt angetan und sie mussten unter Zwang arbeiten.

Heutzutage ist irischer Einfluss auf den karibischen Inseln zu sehen, vor allem auf Montserrat. Hier heißen die Bewohner O'Brien, Riley und O'Connor, es wird ordentlich St. Patrick's Day gefeiert und man trägt stolz irische Tartanmuster.

Buch Irland wie es nicht im Reiseführer steht von Lisalina Sagner

Quellen:





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