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Irland - alles, was man über die Invasion Irlands wissen muss - 5 wichtige, wenig bekannte Fakten

Irlands Invastion - Verursacher Dermot MacMurrough
Dermot MacMurrough

Die meisten Menschen kennen die turbulenten Ereignisse Englands im Jahr 1066, die "Schlacht von Hastings", die Eroberung Englands durch Wilhelm, den Eroberer. Aber wie viel weiß man über "die andere normannische Eroberung", die ein Jahrhundert nach der Schlacht von Hastings gestartet wurde?


Irlands wird besetzt


Über 800 Jahre ist es her, dass die Iren nahezu tatenlos ihrer Invasion durch die Engländer zusehen mussten. Die anglo-normannische Invasion 1169 trifft die Iren hoffnungslos unvorbereitet. Mit Steinen bewerfen sie die normannischen Ritter, die von Kopf bis Fuß durch Kettenhemden und anderen Schutz gekleidet sind. "Invasion", "Eroberung", so wird dieses furchtbar prägende Ereignis genannt, tatsächlich aber folgten die Normannen der Einladung eines abgesetzten irischen Königs. Es ist der ehemalige Leinster-König Dermot MacMurrough, der die Normannen regelrecht nach Irland bittet.


Die wahren Gründe, warum der englische König Irland besetzte


Irland, König Heinrich II. von England
König Heinrich II. von England

Fakt 1: Zur Invasion Irlands lädt allen Ernstes ein irischer Ex-König ein


Irland ist im 12. Jahrhundert in bis zu 150 (sic!) Mini-Königreiche zersplittert. Der militärisch potentere König herrscht jeweils über eine der fünf Provinzen (Leinster, Ulster, Connacht, Munster, Meath), über die wiederum ein "Hochkönig" (eher ein Ehrentitel) regiert. Der König von Leinster, Diarmuid na nGall, anglisiert Dermot MacMurrough, verliert nach einer Schlacht sein Königreich und die Provinz Leinster. Dermot ist ein übler, skrupelloser Zeitgenosse, Mörder und dazu noch ein schlechter Verlierer. Er überfällt die Abtei Kildare, lässt viele Menschen erschlagen, zündet die Kirche an, lässt die Äbtissin von seinen Soldaten vergewaltigen und setzt seine Nichte als Äbtissin ein. Später blendet und/oder ermordet er 17 Edle von Leinster, die sich gegen seine tyrannische Herrschaft aufgelehnt hatten. Vor allem aber erklärt er sich zum "Hochkönig von Irland".

Nachdem er eine entscheidende Schlacht verloren hat, flieht er mit seiner Tochter ins englische Bristol, um den englischen König Heinrich II. zu bitten, ihm bei der Rückeroberung seines verlorenen Königreichs zu helfen. Doch Heinrich II. ist bereits nach Frankreich aufgebrochen. Dermot reist ihm hinterher. Heinrich II. lässt Dermot wissen, er könne sich in England Unterstützung suchen. Also versucht er die Unterstützung von Richard Strongbow zu bekommen. Da Richard und seine Verwandten gerade finanziell ein wenig klamm sind, kommen Dermots Versprechen gerade recht, dass da lautet: Richard darf Dermots Tochter Aoife heiraten, die strategisch wichtige Burg Dunamase gibt's noch obendrauf und nach Dermots Tod, soll auch das zurückgewonnene Königreich an Strongbow fallen.


Fakt 2: Die Invasionsarmee ist anfangs winzig


Im Mai 1169 beginnt die Invasion Irlands mit nur 360 Mann (60 Waffenknechte, 300 walisische Bogenschützen) unter der Führung von Robert FitzStephen, der wiederum von 30 Rittern begleitet wurde. Diesen Profis stehen in der Bannow Bay, nahe Wexford, Bauern und Händler gegenüber, die weder über die notwendige militärische Strategie, Taktik noch Disziplin und moderne Waffen verfügen. Erst am nächsten Tag kommt weitere normannische Unterstützung. Maurice de Prendergast landet mit 10 Rittern und 60 walisischen Bogenschützen in der Bannow Bay. So nach und nach werden die Truppen mit ungefähr 500 Soldaten, die von Dermot kommandiert werden, aufgestockt. Als die Normannen einmarschieren, leisten viele irische Clanchefs keinen Widerstand, da sie glauben, Heinrich II. würde ihnen ihre Ländereien lassen. Darüber hinaus sind sie auch viel zu beschäftigt, sich untereinander zu bekämpfen; ergo "leichtes Spiel für Invasoren".


Irland, die Schlacht bei Clontarf gegen die Wikinger
Irland, die Schlacht bei Clontarf gegen die Wikinger

Fakt 3: Die Invasoren kämpfen mehr mit Wikingern als mit Iren


Die Normannen kämpfen zunächst mehr mit den Wikingern, die sich "Ostleute" nennen, als mit Iren. Robert FitzStephen erobert 1169 die Wikingerstadt Wexford, Ramond de Carew ist siegreich über die "Ostleute" in Dublin und Waterford. 1171 besiegen die Normannen auch die Wikinger von den Orkney Inseln, den Hebriden und der Isle of Man.


Fakt 4: Der englische König will ursprünglich die Invasion Irlands verhindern


Richard de Clare und Heinrich II. waren uneins über die irische Invasion. Heinrich hatte bereits einen Krieg in Frankreich und schwere Verluste in Wales an der Backe. Er konnte und wollte keine neue Invasion. Doch dass ein Teil seiner Barone nun außerhalb seines Reiches eigene Territorien aufbauten und sich anschickten, gar ein eigenes Königtum zu gründen, heiterte ihn nicht gerade auf. Die Vorstellung, dass Richard de Clare als König von Irland fungieren könnte, erfüllt Heinrich II. mit Grauen. Er erlässt daher einen Bann für de Clare. De Clare darf Wales nicht verlassen. Doch Richard de Clare ignoriert die königliche Weisung und segelt im August 1170 nach Irland. Wexford und Dublin fallen an die Normannen und er heiratet Aoife, Dermots Tochter. Heinrich II. ist ausser sich und verhängt Handels- und Reiserestriktionen über Irland. Jeder normannische Soldat, der bis Ostern 1171 nicht nach England zurückkehre, werde als vogelfrei erklärt und seine Besitztümer werden konfisziert, lässt Heinrich verlautbaren. Ohne Erfolg. Ein weiterer Grund für Heinrich II. nun mit einer Armee nach Irland zu segeln, um Richards Rücktritt zu erzwingen.


Irland - Strongbow heiratet Aoife
Strongbow heiratet Aoife

Fakt 5: Ein Mord und der wichtigste und wohl entscheidende Grund, warum Heinrich II. Irland besetzt


Heinrich II. versucht Kontrolle über die englischen Geistlichen auszuüben, insbesondere über Thomas Becket, den Erzbischof von Canterbury. Becket ist Heinrichs Berater und Lordkanzler. Per Eid will Heinrich Becket und seine Gefolgsleute dazu zwingen, sich den „Sitten des Reiches“ zu unterwerfen. Es war und bleibt umstritten, was diese Sitten sein sollten, die Kirche verweigert eine Unterwerfung unter den König. Auf dem Krankenbett ruft Heinrich: „Was für elende Drohnen und Verräter habe ich in meinem Haushalt durchgefüttert, die ihren Herren von einem dahergelaufenen Priester mit solch beschämender Verachtung behandeln lassen?“ Heinrichs Ritter interpretieren dies als Aufforderung des Königs, Becket zu töten.

Sie ermorden Becket am 29. Dezember 1170. Heinrichs Ansehen in England ist damit massiv beschädigt. Auch der Papst ist ausser sich und Heinrich muss sich einer demütigenden Geißelung in Canterbury unterziehen, dazu noch eine ganze Nacht am Grab von Thomas Becket auf den Knien liegend beten. Auch wird ihm die Exkommunikation angedroht. Heinrich lässt alle Häfen schließen, der Papst und seine Soldaten sollen ihn nicht finden. Schließlich geht er nach Wales und segelt von dort mit 4000 Männern nach Irland. In Irland verlangt er Gehorsam von seinen allzu selbständig gewordenen Baronen und gälischen Königen. Teile Irlands vergibt er an seine Günstlinge; Wexford, Waterford und Dublin behält er für sich. Die keltisch geprägte Religion Irlands lässt er "auf römisch-katholische Linie" bringen und die Iren müssen erstmals den Zehnten bezahlen bzw. nach Rom schicken. Auf diese Weise ist ihm auch der Papst wieder wohlgesonnen.


Heinrichs Kalkül geht auf


Der Papst vergibt ihm, freut sich über die neue Einnahmequelle in Irland und gewährt Heinrich die Herrschaft über Irland. Die Invasion Irlands sei auch Gottes Urteil über die Iren für ihre ungöttliche Praxis der Sklaverei. Mehr darüber in "Schon gewusst? Die vergessene Geschichte: Irland und die Sklaverei" So ist letztendlich Heinrichs Mord an Thomas Becket der treibende Grund für die Invasion Irlands. Hinzu kommt Strongbow, der Aoife heiratet und 1171 das Erbe Dermots antritt, damit wird Strongbow König von Leinster, der erste normannische Herrscher in Irland. Die Fremdherrschaft beginnt ...

Irland Strongbow und Aoife Statuen in Waterford
Strongbow und Aoife Statuen in Waterford by Sheila1988, wikimedia commons

Die normannischen Herren übernehmen nach und nach einige Ländereien irischer Clans. Sie kontrollieren alles, weil sie über gute Waffen wie z. B. Armbrüste verfügen sowie durch ihre Rüstungen und Burgen gut geschützt sind. Ihre Burgen bauen die Normannen meist erhöht, zunächst auss Holz und später aus Stein. Diese starken Burgen machen es irischen Clans schwer, die Normannen anzugreifen. Festzuhalten bleibt auch: Die Normannen kontrollierten den Osten Irlands, haben aber nie ganz Irland erobert.


Zusammenfassung


Fakt 1: Zur Invasion Irlands lädt allen Ernstes ein irischer Ex-König ein

Fakt 2: Die Invasionsarmee ist anfangs winzig - alles hätte noch verhindert werden können

Fakt 3: Die Invasoren kämpfen zunächst mehr mit Wikingern als mit den Iren

Fakt 4: Der englische König will ursprünglich die Invasion Irlands verhindern

Fakt 5: Ein Mord - der wichtigste und wohl entscheidende Grund, warum Heinrich II. Irland besetzt


Kleiner Exkurs: Wer waren die Normannen und woher kamen sie?


Die Normannen stammen von den norwegischen/dänischen Wikingern ab. Sie ließen sich verstärkt in Nordfrankreich (Normandie) nieder und gründeten mit der Zeit Familien mit den ansässigen Französinnen. Normannisches Territorium wuchs schnell, da die Normannen geschickte, sehr gut trainierte Krieger waren. Nachdem sie Land in Frankreich erobert hatten und zuversichtlich waren, dass sie es gut im Griff hatten, dehnten sie 1030 ihr Herrschaftsgebiet auch auf Italien aus. 1099 war auch der größte Teil Süditaliens in normannischer Hand. Zur Geschichte gehört auch, dass sie viele Schulen, Klöster, Kathedralen und Kirchen in Italien, England und Irland gründeten. Heutzutage können wir immer noch die vielen Burgruinen in England, Wales und Irland bewundern, die sie einst zur Verteidigung ihrer Eroberungen bauten. Die Eroberung Englands war für die Normannen die wichtigste, denn sie brachte den Königstitel mit sich.


Was haben die Normannen für Irland getan?


Trim Castle

Teilweise führten sie die englische Sprache ein, obwohl manche von ihnen nach wie vor Französisch sprachen. Ihnen verdankt England und Irland das Common Law und wie gesagt, sie hinterließen imposante Burgen. Eine der wichtigsten normannischen Burgen ist in Trim, Co. Meath, zu bewundern, wo Hugh de Lacy lebte. Trim Castle ist die Hauptburg der Normannen in Irland - siehe auch: Mit Mel Gibson in Trim Castle; andere sind King John's Castle, Dunamase und Carrickfergus Castle. Einige der berühmten Städte wie Kilkenny und New Ross sind ebenfalls normannisches Erbe.

Viele Normannen beginnen im Laufe der Zeit, Irisch zu sprechen, Irinnen zu heiraten und irische Bräuche anzunehmen. 1366 wird es Normannen in Irland vom englischen König verboten, Irisch zu sprechen, sich wie die Iren zu kleiden oder irische Bräuche anzunehmen (Statuten von Kilkenny). Es nützt aber nichts, die Normannen werden irischer als die Iren selbst. Beispiele für mächtige Normannen-Familien in Irland sind die Fitzgeralds von Kildare, die Geraldines von Munster, die Earls of Desmond, Earls of Ormond und Earls of Kildare.


Die Schlacht von Baginbun ist der entscheidende Moment der normannischen Eroberung Irlands. Hier entschied sich Irlands Schicksal und so kennen alle Iren den Satz: "‘By the creek of Baginbun, Ireland was lost and won." Nur mit viel Glück siegten die Normannen, es hätte auch anders ausgehen können. Doch so sind von nun an ein irischer Ex-König und die Normannen auf tragische Weise für immer mit Irland und seiner Geschichte verbunden.




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