Gaelic Football, Hurling - in Irland sind ausgefallene Sportarten sehr populär. Heute möchten wir Euch eine weitere einzigartige Sportart vorstellen, das Road Bowling. Das ist, verkürzt gesagt, wie Golfspiel, nur ohne Rasen. Ein Sport, der jede Menge Spaß und Wettbewerb unter Freunden, Nachbarn und Familien bietet und ganz nebenbei kann man auf diese Weise spielerisch die irische Landschaft erkunden. Der perfekte Sport für alle, die nach etwas Kuriosem suchen und die Welt in ein riesiges Spielfeld verwandeln möchten!
Die Ursprünge des Spiels in Irland reichen bis in die Zeit um 1600 zurück. Damals sollen die irischen Truppen britische Kanonenkugeln gestohlen und in ihre Lager zurückgerollt haben. Sehr zum Missfallen einiger überzeugter gälischer Nationalisten glauben einige Historiker jedoch, dass der Sport seinen Ursprung im Norden Englands und Schottlands hat, wo er bereits bis ins 15. Jahrhundert zurückverfolgt werden kann. Schottische Textilarbeiter sollen das Road Bowling in den Norden Irlands gebracht haben, von wo aus es sich in andere Teile der Insel verbreitete. War Road Bowling zunächst hauptsächlich in Cork und Armagh beliebt, hat sich dieser Sport längst auch in anderen irischen Grafschaften verbreitet. Heutzutage wird Irish Road Bowling weltweit gespielt - dank der irischen Diaspora hat er seinen Weg in verschiedene Teile des Vereinigten Königreichs und in einige Teile der USA gefunden, insbesondere West Virginia, New York und Boston.
Die meisten historischen Hinweise auf diesen Sport stammen übrigens aus Gesetzestexten, die das Spiel verbieten. Die "Straßenkegler" hatten sozusagen seit den Anfängen des Sports die Gesetzeshüter auf ihren Fersen. Im frühen 19. Jahrhundert, als die englischen und schottischen Straßen im Zuge der Industrialisierung immer stärker befahren wurden, erklärte eine Stadt nach der anderen den Sport zum Ärgernis und verbot ihn. Da half es auch nicht, dass Road Bowling hauptsächlich von Arbeitern gespielt wurde. Die Behörden betrachteten die meisten Sportarten der Arbeiterklasse - einschließlich Fußball - als widerspenstige Zusammenkünfte, die das Eigentum und die öffentliche Ordnung bedrohten, vor allem, wenn sie mit Glücksspiel und Alkoholkonsum verbunden waren, was häufig der Fall war.
All Ireland Final, Co. Cork 2015
In Amerika war man auch nicht freundlicher. Boston erließ bereits 1723 eine Verordnung, die das Bowling auf den Straßen der Stadt verbot. Maryland und etliche andere Staaten folgten. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war das Bowling aus den meisten Städten und Straßen verschwunden und voilà - überlebt hat es nur noch in den Nebenstraßen Irlands, wo es sich immer noch einer fanatischen Anhängerschaft erfreut. Es ist nicht ungewöhnlich, dass man auf für den Verkehr gesperrte Landstraßen trifft, mit johlenden Zuschauern.
Beim Road Bowling geht es längst auch um Meistertitel und damit Ruhm, Ehre und ein kleines Preisgeld. Es gibt daher - wie es sich gehört - einen offiziellen Verband, der diesen Sport regelt und regelmäßige Wettkämpfe für Männer, Frauen und Jugendliche aller Altersgruppen organisiert. Inoffiziell wettet man häufig auf einzelne Kegler wie auf Preishähne.
Wer Lust hat, bei so einem Road Bowling Wettbewerb zuzusehen oder gar selbst mitzumachen, hier findet man die Veranstaltungen und Wettkämpfe:
auf Facebook: https://www.facebook.com/roadbowlsinireland/
Wie spielt man Irish Road Bowling?
Road Bowling wird in der Regel von zwei Spielern gespielt, kann aber auch von größeren Gruppen von bis zu acht Personen gespielt werden, die in Teams von jeweils vier Spielern aufgeteilt werden. Jedes Team wirft abwechselnd seine Metallkugeln von einem Endpunkt zu einem anderen, der in der Regel durch Bäume oder Wahrzeichen wie Kirchen oder Friedhöfe markiert ist, und muss die gesamte Strecke zurücklegen, bevor der Gegner an die Reihe kommt. Die Spieler markieren oft ihre eigenen Startpunkte, je nach dem Gelände, auf dem sie spielen, und entscheiden dann, wie viele Schüsse jeder braucht, um das Endziel zu erreichen - das hängt davon ab, wie schwierig die jeweilige Strecke ist!
Vor Beginn des Spiels müssen sich die Teilnehmer auf eine bestimmte Anzahl von „Leben“ einigen, die sie zur Verfügung haben; diese Leben geben an, wie oft sie ihren Ball während einer einzigen Runde werfen können, bevor sie wieder bei Null anfangen müssen (oder besser gesagt, bei einem Baum!). Wenn alle Leben aufgebraucht sind, ohne das Ziel zu erreichen, hat man verloren! Wenn nach Abschluss der Runden kein Team sein Ziel erreicht hat, gewinnt derjenige, der am nächsten dran war - wenn jedoch noch ein Stück Weg bis zum Ziel übrig ist, gewinnt derjenige, der am weitesten gekommen ist! Die „Kugel“ ist normalerweise eine Eisenkugel mit einem Umfang von 17,78 cm und einem Gewicht von 793,78 Gramm.
Was den Iren das Road Bowling, ist den Holländern das Klootschieten und den Friesen das Bosseln
In den Niederlanden kennt man etwas Ähnliches, dort werfen Spieler mit einem recht schwierigen Wurfstil eine Kugel (Kloot) so weit wie möglich. Klootschieten war zeitweise verboten, erlangte aber ein gewisses Maß an Seriosität, als die erste Liga 1902 gegründet wurde.
In Deutschland wird die dem Klootschieten ähnliche Variante Bosseln genannt, während Klootschießen traditionell die stehende Variante bezeichnet. Es wird vor allem an der Küste und an den Grenzen Norddeutschlands gespielt, z. B. in Ostfriesland, Oldenburg, Butjadingen, Dithmarschen, Nordfriesland, dem Emsland und der Grafschaft Bentheim. Es wird auch in einigen Teilen Nordamerikas von deutschen und niederländischen Einwanderern und deren Nachkommen gespielt.
Irlandreisende, egal, ob ihr durch die Dörfer reist oder durch die Straßen schlendert, probiert Road Bowling einfach mal auf, denn wir alle wissen - hinter jeder Ecke kann bereits das große Abenteuer warten!
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